Borussia Dortmund plant offenbar, Aaron Anselmino über das Ende seines Leihvertrags hinaus zu halten. Der junge Innenverteidiger, der in dieser Saison überraschend schnell zum festen Bestandteil des Teams geworden ist, hinterlässt in Schwarz-Gelb einen beeindruckenden Eindruck – sowohl sportlich als auch charakterlich. Die Vereinsführung denkt deshalb längst über eine dauerhafte Verpflichtung nach, doch wie sinnvoll wäre ein solcher Schritt wirklich? Die Diskussion um Anselmino ist vielschichtig, denn der Argentinier verkörpert nicht nur ein sportliches Projekt, sondern auch eine Zukunftsentscheidung für die Defensive des BVB, die in der Vergangenheit immer wieder im Fokus stand. Genau deshalb stellt sich die Frage: Sollte Dortmund investieren, um ihn dauerhaft zu sichern, oder wäre Zurückhaltung der klügere Weg?
In den Wochen seit seiner Ankunft hat Anselmino etwas geschafft, was nur wenige Leihspieler in so kurzer Zeit leisten: Er hat nicht nur solide Leistungen gezeigt, sondern dem gesamten Defensivverbund eine neue Stabilität verliehen. Die Zahlen sprechen für sich – seit er regelmäßig in der Startelf steht, hat der BVB deutlich weniger Gegentore kassiert, die Defensive wirkt organisierter, kompakter und mutiger im Spielaufbau. Vieles davon lässt sich direkt auf seine Präsenz zurückführen. Sein Stellungsspiel ist ungewöhnlich reif für sein Alter, sein Zweikampfverhalten mutig, aber sauber, und seine Ruhe am Ball setzt Impulse, die der Mannschaft in Phasen hoher Belastung enorm helfen. Spieler, die in der Lage sind, einem Team sofort ein Gerüst zu geben, haben Seltenheitswert, und genau das macht die Diskussion um seine Zukunft so brisant.
Ein weiterer Punkt, der für eine feste Verpflichtung spricht, ist seine Anpassungsfähigkeit. Viele südamerikanische Talente benötigen Zeit, um die Geschwindigkeit, die Intensität und die physische Komponente der Bundesliga zu verinnerlichen. Anselmino hingegen wirkt, als hätte er nie woanders gespielt. Er geht in die Duelle, als kenne er die Gegner seit Jahren, und strahlt eine Selbstverständlichkeit aus, die bei jungen Verteidigern oft erst nach einer langen Entwicklungsphase entsteht. Gleichzeitig bringt er eine Mentalität mit, die in Dortmund seit jeher geschätzt wird: lernwillig, fokussiert, bescheiden und gleichzeitig mit dem unbedingten Willen, sich zu beweisen. Das Publikum liebt solche Spielertypen, die Trainer ebenso – und die Vereinsführung weiß, wie wertvoll diese Kombination sein kann.
Doch bei aller Begeisterung gibt es auch Aspekte, die man nicht ignorieren darf. Eine dauerhafte Verpflichtung könnte teuer werden, sehr teuer sogar. Sein Stammverein in Argentinien ist sich des Potenzials bewusst und dürfte bei einem möglichen Verkauf eine Ablöse fordern, die für einen 19-Jährigen ungewöhnlich hoch ausfallen könnte. Der BVB befand sich in den letzten Jahren immer wieder in Situationen, in denen Investitionen sorgfältig abgewogen werden mussten. Zwar hat Dortmund eine lange Tradition darin, junge Spieler früh zu identifizieren und zu entwickeln, um später sportlichen oder finanziellen Erfolg daraus zu ziehen, doch nicht jeder Transfer birgt den gleichen Nutzen. Die Frage ist, ob Anselmino ein Spieler ist, der diesen Kreislauf nicht nur bedient, sondern darüber hinaus sportlich eine tragende Rolle über viele Jahre übernehmen kann.
Ein weiterer Punkt betrifft die langfristige Kaderplanung. Dortmund hat bereits mehrere Innenverteidiger unter Vertrag, darunter gestandene Profis und andere Talente, die entwickelt werden wollen. Eine dauerhafte Verpflichtung von Anselmino könnte das Gefüge verändern, Konkurrenz verstärken und möglicherweise die Zukunft einzelner Spieler infrage stellen. Das ist nicht zwingend negativ, denn ein großer Verein braucht Wettbewerb – doch er muss kontrolliert sein. Der BVB muss abwägen, ob Anselmino die Art von Innenverteidiger ist, um die man eine Abwehr aufbauen kann, oder ob er am Ende „nur“ eine weitere Option unter vielen wäre. Seine bisherigen Leistungen sprechen klar für Variante eins, doch eine Saison ist lang, Formkurven sind schwankend, und junge Spieler erleben fast immer Phasen, in denen es nicht rund läuft.
Trotz dieser Ungewissheiten überwiegt aktuell der Eindruck, dass Anselmino ein außergewöhnliches Talent ist, das in Dortmund tatsächlich eine Zukunft haben könnte, die weit über eine Leihe hinausgeht. Besonders bemerkenswert ist sein Einfluss auf die Balance zwischen Defensive und Offensive: Er interpretiert die Rolle des Innenverteidigers modern, ist im Spielaufbau stark, sucht vertikale Pässe, öffnet Linien – und genau diese Fähigkeiten sind im Weltfußball aktuell gefragt wie selten zuvor. Der BVB möchte seit Jahren spielerisch variabler von hinten heraus agieren, doch dafür benötigte man Innenverteidiger, die technisch und im Kopf schnell genug sind, um diese Entwicklung voranzutreiben. Anselmino erfüllt dieses Profil nahezu ideal.
Zudem scheint er im Team schon jetzt eine bestimmte Anerkennung gewonnen zu haben. Mit erfahrenen Spielern wie Hummels, Schlotterbeck oder Süle zu arbeiten, bedeutet für ihn nicht Druck, sondern Input – und er nimmt diesen Input dankbar an. Viele junge Spieler scheitern daran, dass sie sich im Schatten großer Namen verlieren oder verkrampft wirken, wenn sie in Konkurrenz zu etablierten Kräften stehen. Bei Anselmino ist das Gegenteil der Fall: Er wächst daran, nutzt jede Trainingseinheit, jeden Spielminute, um sich weiterzuentwickeln. Diese Haltung ist für einen Verein wie den BVB Gold wert, denn Dortmund lebt vom Gedanken, Talenten Raum zu geben und ihnen den nächsten Schritt zu ermöglichen.
Der finanzielle Aspekt bleibt dennoch ein entscheidender Punkt. Sollte der BVB bereit sein, für ein junges Talent eine hohe Summe zu investieren? Die Antwort hängt davon ab, wie klar die sportliche Vision ist. Wenn der Verein wirklich davon überzeugt ist, dass Anselmino langfristig ein Eckpfeiler werden kann, dann wäre eine Ablöse, die auf den ersten Blick hoch wirkt, möglicherweise eine Investition in Stabilität, Zukunft und sportliche Weiterentwicklung. Wenn jedoch Zweifel bestehen oder Alternativen im Raum stehen, könnte Zurückhaltung sinnvoller sein. Schließlich darf man nicht vergessen: Der Transfermarkt ist unberechenbar, und manchmal entstehen Chancen, mit denen niemand gerechnet hätte. Verpflichtet man Anselmino jetzt fest, öffnet das eine Tür – aber es schließt auch andere.
Ein weiterer Faktor ist die Erwartungshaltung der Fans. Sie sind nach Jahren defensiver Unsicherheit hungrig nach Spielern, die Verlässlichkeit ausstrahlen. Anselmino wirkt wie jemand, der diese Sehnsucht erfüllen könnte. Doch Fans vergessen manchmal, wie jung Spieler sind und welche Entwicklungsschritte noch bevorstehen. Ein Transfer schafft Erwartungen, die ein Talent in seinem Alter nicht immer sofort erfüllen kann. Deshalb muss der BVB sicherstellen, dass er nicht nur sportlich, sondern auch mental bereit ist, ein langfristiges Projekt mit diesem Spieler zu starten.
Trotz dieser komplexen Gemengelage gibt es viel, was dafür spricht, ihn zu halten. Die Art, wie er sich bisher präsentiert hat, gibt dem Verein Grund zur Hoffnung. Seine körperliche Präsenz, sein taktisches Verständnis und sein Arbeitswillen sind Merkmale, die eine Karriere auf hohem Niveau möglich machen. Und weil der BVB seit Jahren davon lebt, Spieler in dieser Entwicklungsphase zu begleiten, wäre Anselmino kein Fremdkörper im System, sondern eine logische Fortführung der Vereinsphilosophie.
