Rani Khedira hat in seinen dreieinhalb Jahren bei Union Berlin viele Momente erlebt, die ihn geprägt haben – sportlich, menschlich und in seiner Rolle als Führungsspieler innerhalb eines Teams, das sich in dieser Zeit vom mutigen Außenseiter zu einem etablierten Bundesligisten mit europäischem Anspruch entwickelt hat. In dieser Phase hat er mit einer Offenheit, die im modernen Profifußball selten geworden ist, nun ein großes Lob ausgesprochen – eines, das weniger ihm selbst gilt, sondern vielmehr einem Teamkollegen, den er für außergewöhnlicher hält, als es viele außerhalb des Vereins jemals erahnen würden. Khedira hat nie den Ruf eines Lautsprechers gehabt. Er ist keiner, der jeden Tag mit großen Sprüchen durch die Kabine poltert oder sich in den Vordergrund drängt. Sein Spiel lebt von Balance, Struktur, Antizipation und Fleiß – keine glamourösen Attribute, aber unverzichtbar für jede Mannschaft, die Erfolg haben will. Gerade deshalb hört man bei Union genau hin, wenn er etwas sagt, denn er zählt zu den Spielern, die nur sprechen, wenn es wirklich etwas zu sagen gibt. In seinem jüngsten Statement hat er diese Zurückhaltung erneut abgelegt, um etwas klarzumachen: Es gibt in diesem Kader jemanden, der seiner Meinung nach deutlich unterschätzt wird, jemanden, der viel seltener im Rampenlicht steht, als es seiner Leistung entspricht, und jemanden, der für ihn persönlich ein Vorbild geworden ist. Khedira sprach davon, dass dieser Spieler „viel außergewöhnlicher ist, als viele glauben“, und man spürte sofort, dass dieses Lob nicht aus Routine entsteht, sondern aus echter, tief empfundener Wertschätzung.
Die Frage, wen Khedira meint, beschäftigt Fans, Medien und Beobachter gleichermaßen. Denn es gibt mehrere Kandidaten im Union-Kader, die nicht im Scheinwerferlicht stehen, aber enormen Einfluss haben. Einer davon – und vielen gilt er als wahrscheinlichster Adressat – ist Christopher Trimmel, der langjährige Kapitän. Der Österreicher ist nicht nur sportlich immens wertvoll, sondern verkörpert den Geist des Vereins wie kaum ein anderer. Khedira hat immer wieder betont, wie sehr ihn Trimmels Führungsstil beeindruckt: ruhig, authentisch, verlässlich, nie um die eigene Person kreisend. Für viele Außenstehende ist Trimmel „nur“ ein solider Rechtsverteidiger, aber im Innenleben des Vereins hat er längst Legendenstatus. Sollte Khedira ihn gemeint haben, wäre das keineswegs überraschend, denn beide verbindet gegenseitiger Respekt und ein ähnliches Verständnis von Teamarbeit. Eine andere Möglichkeit ist Robin Knoche – ein Innenverteidiger, der so leise wirkt wie kaum ein Spieler dieser Liga, aber dessen Zuverlässigkeit auf Bundesliga-Niveau seit Jahren herausragt. Khedira kennt Knoche als einen Mitspieler, der selten Fehler macht, der im Zweikampf und Stellungsspiel eine Konstanz zeigt, die von Experten anerkannt, aber von Fans anderer Vereine oft übersehen wird. Wer Union-Spiele regelmäßig verfolgt, weiß: Ohne Knoche wäre die defensive Stabilität der vergangenen Jahre kaum denkbar gewesen. Und doch wird er in der öffentlichen Debatte nie in einem Atemzug mit den großen Namen der Liga genannt. Auch das könnte Khediras Aussage meinen.
Doch es gibt ebenso Argumente für Diego Leite, jener Innenverteidiger, der nach schwankenden Monaten immer stabiler wurde und inzwischen ein spielerisch herausragender Baustein dieser Mannschaft ist. Leite hat eine Eleganz und Ruhe am Ball, die selten ist, dazu ein starkes Timing in der Spieleröffnung – Qualitäten, die nicht sofort auffallen, aber Spiele prägen. Khedira hat wiederholt darüber gesprochen, wie beeindruckt er davon ist, wie schnell Leite das schwierige Union-System verinnerlicht hat und wie belastbar er in Drucksituationen ist. Oder meint er Danilho Doekhi, dessen Wucht, Präsenz und Führung auf dem Platz Union über lange Zeit hinweg strukturell getragen haben? Doekhi war immer wieder verletzt, kämpfte sich aber jedes Mal zurück, mit einer Professionalität, die Khedira besonders schätzt. Er gilt intern als einer der diszipliniertesten Spieler im Kader, jemand, der nicht viel redet, aber enorm viel investiert.
Es gibt also mehrere plausible Namen – und vielleicht liegt in dieser Vielzahl sogar die eigentliche Botschaft: Union Berlin lebt seit Jahren davon, dass Spieler ihre Rollen ausfüllen, ohne dass sie im Rampenlicht stehen müssen. Vielleicht ging es Khedira weniger um eine einzelne Person, sondern um ein Prinzip: dass der Fußball viel mehr von unsichtbarer Arbeit lebt, als es die Öffentlichkeit wahrnimmt. Seine Worte wirken wie ein liebevoller Verteidigungsmonolog für all jene, die selten die Schlagzeilen bestimmen, aber Woche für Woche den Unterschied machen. Über dreieinhalb Jahre erlebt man als Spieler eine Vielzahl an Charakteren. Khedira hat beschrieben, wie sehr ihn vor allem jene beeindrucken, die keine Show brauchen, um wichtig zu sein, die sich in den Dienst der Mannschaft stellen, die Verletzungen wegstecken, die auf Positionen spielen, die wenig Ruhm abwerfen, aber viel Verantwortung tragen. Diese Art von Spieler sei für ihn das Rückgrat eines Vereins wie Union. Und in diesem Kontext war seine Aussage fast wie ein Plädoyer dafür, mehr hinzuschauen, mehr Wertschätzung für die unterschätzten Säulen einer Mannschaft zu zeigen.
Er erzählte, dass es Momente gab, in denen er selbst in schwierigen Phasen nicht wusste, wie Union wieder in die Spur finden würde – und dass es oft genau dieser eine Mitspieler war, der ihm Halt gab. Nicht durch große Reden, sondern durch tägliche Professionalität. Er sprach von Trainingssituationen, in denen dieser Spieler immer wieder voranging, Standards verteidigte, junge Spieler anleitete, taktische Feinheiten erklärte. Und dass es im Grunde dieser stille Einfluss war, der das Team zusammenhielt. Khedira machte deutlich, wie abhängig eine Mannschaft von solchen Persönlichkeiten ist. Es sind nicht die Dribbler, die den Fans den Atem rauben, nicht die Stürmer, die die Schlagzeilen bestimmen. Es sind die Spieler, die die Struktur halten – die Defensive organisieren, Räume schließen, Entscheidungen erleichtern. Und genau diese Rollen werden oft erst erkannt, wenn sie fehlen. In seiner Erzählung klingt fast eine Art Mahnung mit. Eine Mahnung, den Fußball nicht nur durch die Brille der schillernden Momente zu betrachten, sondern durch die Summe der kleinen, unsichtbaren Handlungen, die den Erfolg überhaupt erst ermöglichen.
Khedira selbst ist ein Spieler dieses Typs. Vielleicht erkennt er gerade deshalb so klar, wie außergewöhnlich ein anderer Spieler seines Profils sein kann. Einer, der nicht gefeiert wird, aber gefeiert werden sollte. Er deutete sogar an, dass dieser Mitspieler in entscheidenden Spielen derjenige sei, der den Unterschied zwischen Chaos und Stabilität ausmacht – und dass er in all seinen Jahren selten jemanden erlebt habe, der in Drucksituationen so gefasst bleibt. Er sprach von einem Spiel, in dem Union defensiv enorm unter Beschuss stand, sich kaum befreien konnte und die Mannschaft am Rande eines Zusammenbruchs stand. Und da sei es dieser Spieler gewesen, der durch eine Mischung aus Ruhe, Körpersprache und klaren Aktionen das Team aus der Panik herausgeführt habe. „In solchen Momenten“, sagte Khedira, „merkt man, wie außergewöhnlich jemand wirklich ist.“ Und genau diese Einschätzung gibt seinem Lob Tiefe. Es ist nicht beiläufig. Es ist nicht PR. Es ist das ehrliche Statement eines erfahrenen Profis, der weiß, wie selten solcher Einfluss ist.
